Ja, Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat.“
2. Korinther 519
Liebe Schwestern und Brüder,
wie war der Urlaub? Hoffentlich sind alle gut erholt und konnten einen schönen Urlaub genießen, trotz aller Auflagen. Vielleicht hadert der ein oder andere aber auch mit den vergangenen Tagen. So schön hatte man sie sich vorgestellt und dann sind sie nicht nur zu schnell vorüber, sondern waren auch nicht so erholsam wie erhofft. Dann sind wir enttäuscht
Wir hadern oft mit den Dingen, die uns oder uns nahestehenden Menschen passieren. Wieso brannte das beliebte und in liebevoller Arbeit aufgebaute und erhaltene Ausflugsziel am Wildberg ab? Warum musste der treue Gottesdienstgänger an Corona sterben? Wozu ist es gut, dass diese oder jene Firma, große Arbeitgeber in der Region, Insolvenz anmelden musste oder Arbeitsplätze abbauen? Warum muss Corona ausgerechnet in einem Jahr passieren, in dem wir so viel vorhatten? Fragen über Fragen, scheinbare und echte Ungerechtigkeiten, die uns ratlos zurücklassen und eine innere Wut oder gar Zorn hinterlassen. Genau in diese Situation hinein schenkt uns der Monatsspruch für September ein Wort zum Nachdenken. „Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat.“
Wir lesen hier von Versöhnung. Versöhnung ist etwas, was uns schwerfällt. Tut uns jemand unrecht, schadet uns jemand sogar, so sind wir manchmal über Jahre hinaus nicht bereit, ihm zu vergeben. Selbst Kleinigkeiten genügen dann, um sich immer weiter in die Ablehnung dieser Person hinein zu steigern. Widerfährt uns eine Ungerechtigkeit, für die wir niemanden verantwortlich machen können, wie z.B. eine Krankheit, ein plötzlicher Tod, eine Brandkatastrophe, so lasten wir das vielleicht Gott oder dem Schicksal an. Für diejenigen, die gerade an solchen Ungerechtigkeiten zu knabbern haben, mögen die Worte der Monatslosung wie Hohn klingen. „Gott versöhnt die ganze Welt mit sich? Mit mir versöhnt er sich bestimmt nicht!“
Versöhnung ist ein großes Wort. Versöhnung ist vor allem auch ein Geschenk. So erleben es viele, die sie bewusst erfahren. Eben waren wir noch voller Zorn, Wut und Enttäuschung, doch dann geschieht etwas, was unsere Sichtweise grundlegend ändert, was uns offen für Vergebung werden lässt. Gerade solche Krisen, wie wir sie derzeit erleben, verändern Perspektiven.
Aspekte, die uns vorher ungemein wichtig erschienen, in die wir uns hineingesteigert haben, verlieren angesichts der neuen Herausforderungen an Bedeutung. Werte wie Hilfsbereitschaft, Freundschaft, Solidarität sind keine bloßen Worthülsen mehr, sondern füllen sich mit Leben. Versöhnung wird plötzlich möglich.
So kann es auch bei unversöhnlichen Positionen sein. Unsere Gesellschaft scheint sich immer stärker zu spalten zwischen denen, die von den derzeitigen Verhältnissen profitieren und denen, die darunter leiden, zwischen denen, die das System stützen und denen, die es stürzen wollen. Solche Entwicklungen, wie sie weltweit zu beobachten sind, können Angst machen, können verunsichern, an der Welt mit ihren Ungerechtigkeiten verzweifeln lassen. Genau dann kann es helfen, wenn man sich sagt: „Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat.“ Gott versöhnt sich mit mir, also kann auch ich mit meiner Umwelt versöhnt leben, auch wenn nicht alles gut ist. Die Worte können Mut machen und aus der Resignation reißen.
Die Worte der Monatslosung stammen von Paulus. Sie sind an die verunsicherte Gemeinde in Korinth gerichtet. Paulus hatte angekündigt, auf seinem Weg nach und später wieder von Mazedonien zweimal in Korinth vorbeizuschauen. Beide Aufenthalte sollten dazu dienen, der Gemeinde die Gnade Gottes zu verkündigen. Doch dann hatte der Apostel seine Reisepläne geändert, was in Korinth für Irritationen sorgte. Gilt für den Apostel etwa heute hü und morgen hott und das nicht nur für seine Reiseplanung, sondern womöglich auch für seine Verkündigung oder gar für Gott? Die Menschen sind enttäuscht von Paulus. Doch er nimmt die Kritik der Korinther und ihre Verunsicherung im Glauben ernst und begegnete ihr mit einer klaren Haltung. Er erinnert sie und damit uns nicht nur an Gottes zahlreiche Verheißungen, sondern weist zugleich auf deren Erfüllung „in Christus“ hin. Unser Herr Jesus Christus musste allerhand Ungerechtigkeiten erleben. Erst in seinen Begegnungen mit den vielen Benachteiligten seiner Zeit, dann am eigenen Leib bis hin zu seiner Hinrichtung. Er musste das Maximum dessen ertragen, was die Welt an Ungerechtigkeit zu bieten hat und doch zeigte Gott an ihm seine Liebe und Jesus erwidert das mit grenzenlosem Vertrauen. Jesus überwindet die Welt, wie wir sie kennen. Er bleibt nicht im Zorn über die Mitmenschen, sondern ermöglicht sich, ihnen und uns einen neuen Anfang. Die Welt wird versöhnt, sie findet Frieden. So unrealistisch uns das an manchen Tagen erscheinen mag, so sehr kann diese Hoffnung uns stärken.
Einen schönen September wünscht Ihnen
Chris Schönefeld