Gedanken zur Jahreslosung

Liebe Schwestern und Brüder,

die diesjährige Jahreslosung passt gut in die Anfangszeit eines Jahres und zu den Hoffnungen und Erwartungen, die man mit einem neuen Jahr verknüpft. Der Prophet Hesekiel schreibt: Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“

Ein neues Herz, ein neuer Geist. So gut diese Worte zunächst klingen, nach Neuanfang und nach Veränderung, so schwer fällt es doch, sie ernst zu nehmen und sie anzunehmen. Man kann sich schließlich fragen, wie das gehen soll. Wir wissen, wie schwer es fällt, schon kleine Gewohnheiten zu ändern. Die guten Vorsätze, die man sich für das neue Jahr vornahm, hat man jetzt im Februar vermutlich schon über Bord geworfen. Wie schwer muss es einem erst fallen, einen Neustart in den großen Bereichen des Lebens zu wagen.

Wir wissen zudem, dass Veränderungen zwar zum Leben gehören – in kleinen Dingen und in großen, im Privaten und in der Gesellschaft – aber wir halten sie kaum aus. Ob die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten, Brexit, Flüchtlingskrise, demografischer Wandel oder die Digitalisierung der Arbeitswelt  – all das macht Angst und hat uns schon im letzten Jahr beschäftigt. Vielleicht kamen dazu noch Sorgen um  den Job, um geliebte Angehörige oder gar die Trauer um Verstorbene. All das überfordert uns. Einfache Lösungen für die Probleme unserer Zeit finden wir kaum. So regen wir uns lieber über Dinge auf, die eigentlich nicht in unserer Hand liegen, und projizieren unsere Ängsten, Sorgen, Nöte auf das abstrakte Gebilde  „Gesellschaft“, der wir vorhalten, dieses oder jenes anders machen zu müssen als im Moment. Wir suchen nach Halt, aber viele finden ihn nicht mehr. Meist verschließen wir auch unsere Herzen vor unserem Nächsten, ziehen uns bei Problemen ins Private zurück und wundern uns, dass der Zusammenhalt der Gesellschaft bröckelt oder sind frustriert, dass die ehrenamtliche Arbeit an immer weniger Menschen hängen bleibt. Kritisieren können wir schnell,  aber nur selten hinterfragen wir uns selbstkritisch:  Wie verhalte ich mich anderen gegenüber? Erwarte ich von anderen nicht zu viel und bin selbst viel zu egoistisch?

Auch der Prophet Hesekiel hatte es nicht einfach. Er sollte dem Volk Israel im Auftrag Gottes klare Ansagen zu Missständen in der damaligen Gesellschaft machen, zu Ungerechtigkeit und Missgunst, zu Neid, Hass und Gewalt und auch zu fehlendem Vertrauen in Gott. Doch das Volk Israel wollte diese Worte damals genauso wenig hören, wie wir es heute tun. Hesekiel beschreibt das Volk Gottes als Leute „mit trotzigem Gesicht und hartem Herzen“ – ein Vergleich, den man gut zu uns heute ziehen kann. Genau in diese ernüchternde Feststellung macht Gott schließlich sein Angebot: „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“

Die Veränderung kommt also nicht aus uns selbst,  sondern wird uns geschenkt. Nicht wir verändern uns, sondern Gott verändert uns, in dem er einen neuen Geist schenkt und ein neues Herz. Unser Geist – das seht auch für unseren Verstand, unser Wissen, unser logisches Denken. Mit unserem Herz verbinden wir dagegen unsere Gefühle, aber auch unsere Beziehungen zu anderen Menschen. Beides, so verspricht es uns Hesekiel, kann Gott verändern, wenn wir uns darauf einlassen. Gott hat uns Jesus Christus geschenkt – das hören wir jedes Jahr an Weihnachten. Durch die Lehren, das Leben und Sterben Jesu werden wir aufmerksam gemacht auf das, was zwischen uns Menschen falsch läuft und wie wir oft miteinander umgehen. Gleichzeitig zeigt sein Wirken, dass wir immer wieder umkehren können – gestärkt und unterstützt von Gott, der uns auch in schwierigen Zeiten tragen möchte. Das ist eine großartige Hoffnung, mit der wir gern durch dieses Jahr gehen können.

Es ist ein besonderes Jahr, denn wir feiern 500 Jahre Reformation. Mit seinem Thesenanschlag vor 500 Jahren brachte Martin Luther gravierende Veränderungen in die Kirche und die Welt. Bei seiner Suche nach einem gnädigen Gott wurde ihm ein neues Verständnis des Glaubens geschenkt. Er verstand die Beziehung zwischen Gott und uns Menschen neu und veränderte damit das Glaubensverständnis vieler Menschen. Über Jahrhunderte hat dieser Glaube auch unsere Region mitgeprägt – das sieht man an den prachtvollen Dorfkirchen. Heute haben wir vieles davon vergessen. Wenn wir in diesem Jahr an 500 Jahre Reformation erinnern, so wollen wir daher verstärkt einiges von dem Verlorenen wieder ins Gedächtnis rufen und im Rahmen unserer monatlichen Bibelabende, aber auch bei zahlreichen anderen Veranstaltungen gern diskutieren. Wir laden dabei wie immer alle Interessierten herzlich ein, mit uns Fragen des Glaubens und Lebens zu besprechen, aber auch miteinander und füreinander zu beten und gemeinsam zu singen. In unseren Gottesdiensten versuchen wir zudem nachzuspüren, was uns die biblischen Geschichten auch heute noch sagen wollen. Gemeinsam suchen wir Halt im Vertrauen auf Gott und versuchen, Veränderungen in Gesellschaft und im Privaten zu hinterfragen und ggf. auszuhalten.  Herzliche Einladung auch hierzu!

Wir freuen uns nun auf das Jubiläumsjahr und wünschen Ihnen und Ihren Familien einen behüteten und gesegneten Februar!

Euer Chris Schönefeld

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